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Absichtserklärung, Letter of Intent (LOI), Term Sheet, Vorvertrag: Bedeutung, Aufbau, Praxistipps - YouTube
Channel: Beyond Return
[1]
Absichtserklärung, Letter of Intent, Memorandum
of Understanding, Head of Terms, Term Sheet
[7]
und Vorvertrag: Die Wirtschaftspraxis hat
viele Begriffe für das, was häufig neben
[12]
einem NDA der erste Meilenstein auf dem Weg
zu einer bedeutenden Geschäftsbeziehung ist.
[17]
Was genau sich rechtlich dahinter verbirgt
und worauf Sie achten sollten, wenn Sie Ihr
[22]
vorvertragliches Dokument verhandeln, das
zeige ich Ihnen in diesem Video.
[25]
Let’s go beyond return!
[29]
[Beyond Return Intro]
Und damit herzlich Willkommen zu einer neuen
[41]
Ausgabe von Beyond Return!
[42]
Mein Name ist Fabian Arhelger, ich bin Rechtsanwalt
in Frankfurt am Main, spezialisiert auf Unternehmens-
[48]
und Finanzierungsrecht, und berichte hier
auf Beyond Return regelmäßig über spannende
[52]
Themen aus der Finanz- und Geschäftswelt.
[54]
Wenn Sie also mit beiden Beinen im Wirtschaftsleben
stehen, empfehle ich Ihnen, diesen Kanal zu
[58]
abonnieren.
[59]
Wenn Sie diesem Kanal bereits länger folgen,
wissen Sie: Bedeutende Geschäftsabschlüsse
[64]
und Transaktionen sind immer das Ergebnis
verschiedener Einzelschritte: Zunächst wird
[69]
häufig eine Vertraulichkeitsvereinbarung,
Englisch: Non-Disclosure Agreement, oder kurz
[73]
NDA, abgeschlossen.
[75]
Die hatte ich in einem früheren Beitrag bereits
ausführlich vorgestellt.
[79]
Danach sehen Sie sich den Geschäftsgegenstand
im Zuge einer Due Diligence genauer an und
[84]
setzen schließlich eine Absichtserklärung
oder ein Term Sheet auf.
[87]
Wie so oft gilt auch hier: Absichtserklärung
ist nicht gleich Absichtserklärung und Term
[93]
Sheet ist nicht gleich Term Sheet: Die Bandbreite
reicht hier aus juristischer Sicht von nicht
[98]
bindenden, weichen Protokollen bis hin zu
bindenden, klagbaren Vorverträgen, die auf
[102]
den zwingenden Abschluss eines Hauptvertrages
gerichtet sind.
[106]
Absichtserklärungen und Term Sheets sind
zunächst einmal im deutschen Recht kein feststehendes
[113]
Rechtsinstitut, sondern eine reine Schöpfung
der Wirtschaftspraxis.
[118]
Deshalb können Sie Ihr Dokument letzten Endes
auch bedenkenlos nennen, wie Sie möchten:
[124]
Letter of Intent (LOI), Memorandum of Understanding
(MOU), Head of Terms, Term Sheet, Gesprächsprotokoll,
[129]
Gemeinsames Verständnis, Vorfeldvereinbarung,
Vorvertrag - diese Liste lässt sich endlos
[135]
fortsetzen.
[136]
Nach meiner Erfahrung werden Absichtserklärungen
in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle
[142]
lediglich mit dem Ziel abgeschlossen, Gesprächsergebnisse
festzuhalten und gerade noch keine rechtliche
[148]
Bindungswirkung zu erzielen.
[152]
Es geht also normalerweise eher darum, den
Fortschritt einer möglichen Geschäftsbeziehung
[156]
im Sinne einer Interessensbekundung zu forcieren.
[160]
Doch Vorsicht: Ausnahmen bestätigen die Regel.
[163]
Ob eine rechtliche Bindungswirkung erzielt
wird, ist nach deutschem Rechtsverständnis
[168]
(erstens) nach dem Gesamtkontext des Dokuments
und (zweitens) für jeden Satz und jede Passage
[174]
einzeln auszulegen.
[176]
So gibt es in der Praxis Fälle, in denen
(juristisch nicht oder schlecht beratene)
[181]
Verhandlungspartner ein Dokument als "Vorvertrag"
bezeichnen, die Einzelauslegung jedoch ergibt,
[187]
dass keine rechtliche Bindungswirkung gewollt
ist.
[190]
Beispiel: Das Dokument ist zwar als Vorvertrag
betitelt, enthält aber einen sogenannten
[194]
Untersuchungs- und Dokumentationsvorbehalt,
wonach es zu einem Hauptvertrag nur dann kommen
[200]
soll, wenn die Due Diligence zur Zufriedenheit
der beiden Parteien abgeschlossen werden konnte
[204]
und eine marktübliche Übereinkunft erreicht
wird.
[208]
Dieser Vorbehalt ist derart weich, dass er
im Wesentlichen die Bindungswirkung des Dokuments
[213]
zerstört, auch wenn es verheißungsvoll als
"Vorvertrag" bezeichnet wurde.
[219]
Gleichzeitig bergen solche verwirrenden Vertragswordings
immer die Gefahr einer allgemeinen zivilrechtlichen
[225]
Schadensersatzhaftung und langwierigen Gerichtsprozessen.
[228]
Anders herum gibt es aber auch vielfache Beispiele
aus der Rechtsprechung, in denen ein als bloße
[234]
Absichtserklärung betiteltes Dokument tatsächlich
klagbare vertragliche Ansprüche begründet
[240]
hat.
[241]
Okay, was sollten Sie bei der Verhandlung
Ihrer Absichtserklärung vor diesem Hintergrund
[246]
beachten?
[247]
Zunächst einmal sollten Sie sich immer darüber
bewusst werden, inwieweit Sie eine rechtlich
[252]
relevante Bindungswirkung erzielen möchten.
[255]
Das Schlüsselwort ist hier "inwieweit": So
macht es in vielen Fällen Sinn, dass zwar
[260]
keine Pflicht zur Eingehung des Hauptgeschäfts
vereinbart wird, dafür aber bindende Annexklauseln
[265]
zur Regelung der vorvertraglichen Rahmenbedingungen
aufgenommen werden.
[269]
Einige typische Annexklauseln sehen Sie hier
unter Buchstabe A.:
[277]
(Erstens) eine Exklusivitätsklausel.
[280]
Danach vereinbaren die Parteien, für einen
bestimmten Zeitraum beziehungsweise bis zu
[284]
einem offiziellen Verhandlungsabbruch das
betreffende Geschäft, beispielsweise einen
[288]
Unternehmensverkauf, eine Technologielizenz
oder eine gewerbliche Miete, nur exklusiv
[293]
zu verhandeln, also solange nicht mit Dritten
beziehungsweise anderen Interessenten zu sprechen.
[299]
(Zweitens) eine sogenannte Break-up Fee (oder
manchmal auch Break Fee).
[305]
Danach zahlt eine Partei der anderen Partei
eine bestimmte Strafsumme, falls sie die Verhandlungen
[311]
innerhalb eines bestimmten Zeitraums ohne
wichtigen Grund abbricht.
[315]
Alternativ können Sie auch vorsehen, dass
die abbrechende Partei der anderen Partei
[320]
ihre Kosten ersetzen muss; das hat allerdings
immer den großen Nachteil, dass das hinterher
[325]
zu Streitigkeiten führen kann, nämlich darüber,
welche Kosten nun zu ersetzen sind.
[331]
Stellen Sie sich etwa vor, die Gegenseite
hat bereits fröhlich eine Infanterie aus
[335]
Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern und Anwälten
beauftragt und schickt Ihnen jetzt eine horrende
[340]
Rechnung.
[341]
Das können Sie umgehen, indem Sie gleich
eine Pauschale vorsehen.
[345]
Und damit kommen wir zu (Drittens): Abwerbeverbote
und Wettbewerbsverbote.
[352]
Danach dürfen die Parteien im Zuge der Vertragsverhandlungen
erlangte Informationen nicht wettbewerbswidrig
[357]
einsetzen und keine Mitarbeiter abwerben,
häufig auch mit ihren englischen Begriffen
[362]
als Non-Compete und Non-Solicitation bezeichnet.
[366]
Falls Ihr Unternehmen eine große Organisation
ist, bei der nicht auszuschließen ist, dass
[372]
doch einmal ein Mitarbeiter der Gegenseite
zu Ihnen wechselt, können Sie, was die Non-Solicitation
[377]
angeht, mit der Blacklisting-Methode arbeiten,
also das Abwerbeverbot auf eine Liste von
[383]
wichtigen Schlüsselpersonen begrenzen.
[385]
Allen diesen Annexklauseln ist gemeinsam,
dass sie selbstverständlich rechtliche Bindungswirkung
[391]
haben sollen; andernfalls würden sie wenig
Sinn machen.
[394]
Das erreichen Sie, in dem Sie explizit vorsehen,
dass bei Verstoß gegen diese Annexklauseln
[399]
Ansprüche auf Schadensersatz und Aufwendungsersatz
entstehen oder eine Vertragsstrafe verwirkt
[405]
sein soll.
[408]
Bezüglich derjenigen Passagen, für die gerade
keine rechtliche Bindungswirkung bezweckt
[412]
ist, also etwa die über die Eingehung des
möglichen Hauptgeschäfts, sollte (genau
[417]
andersherum) unmissverständlich klargestellt
werden, dass insoweit kein Rechtsbindungswillen
[422]
besteht und sich die Parteien die Eingehung
des Hauptvertrages vollumfänglich offen halten.
[427]
Das können Sie beispielsweise mit dem folgenden
Wording erreichen: "Except for clauses Exclusivity,
[435]
Non-Solicitation, Non-Compete and Break-up
Fee, this Letter of Intent shall not be legally
[441]
binding and, in particular (but not limited
to), does not create any obligation upon the
[447]
Parties to enter any further agreement."
[450]
Zum Schluss möchte ich Ihnen noch kurz einen
praxisbewährten Aufbau für einen Letter
[457]
of Intent vorstellen.
[459]
Erstens: Beschreibung von avisiertem Hauptgeschäft
und Verhandlungsstand.
[464]
Hier sollten Sie den Gegenstand des Hauptgeschäfts
sowie den aktuellen Verhandlungsstand genauestens
[469]
festhalten.
[470]
Erfahrungsgemäß lohnt es sich auch langfristig,
hier bereits sehr detailliert zu arbeiten,
[476]
weil Sie diese Passage dann auch später immer
wieder bei der Erstellung weiterer Dokumente
[480]
heranziehen können, etwa für deren Präambel.
[483]
Zweitens: Festlegung des weiteren Ablaufs.
[488]
In meiner Praxis hat es sich bewährt, wenn
Sie gleich einen vorläufigen Projektplan
[492]
mit aufnehmen.
[493]
Das kann entweder ausformuliert in der Präambel
der Absichtserklärung passieren oder auch
[498]
unter Verweis auf eine Anlage, die einen Gantt-Chart
oder ähnliches enthält.
[504]
Auf diese Art und Weise machen Sie die Absichtserklärung
zu einem Kernpapier des weiteren Prozesses,
[510]
auf das Sie immer wieder zugreifen und sich
auch darauf berufen können.
[515]
Drittens: Vertraulichkeit.
[517]
Haben Sie vorher noch keine Vertraulichkeitsvereinbarung
geschlossen, empfiehlt es sich, sie spätestens
[522]
jetzt in die Absichtserklärung einzubauen.
[525]
Existiert demgegenüber bereits ein NDA, können
Sie einfach in der Präambel der Absichtserklärung
[530]
hierauf Bezug nehmen und klarstellen, dass
das NDA fortgelten soll.
[535]
Wenn Sie sich näher für das Thema Vertraulichkeitsvereinbarung
beziehungsweise Non-Disclosure Agreement (NDA)
[542]
interessieren, kann ich Ihnen übrigens mein
Video zum Thema empfehlen, das ich Ihnen unten
[546]
in der Beschreibung zu diesem Video verlinke.
[548]
Viertens: Term Sheet Bausteine.
[552]
Sollten Sie Ihrer Absichtserklärung eher
den Charakter eines Termsheets geben wollen,
[557]
können Sie weiterhin Klauseln aufnehmen,
die bereits die ökonomischen und rechtlichen
[561]
Grunddeterminanten des Hauptvertrages vorwegnehmen,
etwa bei M&A-Transaktionen den Modus der Kaufpreisberechnung,
[568]
bei IP-Lizenzen oder Technologietransfer den
Modus der Berechnung einer künftigen Lizenzvergütung
[573]
oder bei Beteiligungsverträgen im Private
Equity und Venture Capital-Bereich die Eckdaten
[578]
der Investition und die künftigen Kräfteverhältnisse
im Unternehmen.
[582]
Dabei ist es üblich, vorweggenommene Kernpunkte
unter einen Due Diligence- und Dokumentationsvorbehalt
[588]
zu stellen; also eine Lösung hiervon offen
zu halten, sollten im Rahmen der Due Diligence
[594]
oder der Hauptverhandlungen bislang nicht
bedachte Umstände zu Tage treten.
[598]
Übrigens: Falls Sie sich näher für die
einzelnen typischen Klauseln bei Private Equity
[604]
und Venture Capital interessieren, kann ich
Ihnen meine gleichnamige Serie hier im Kanal
[609]
empfehlen, in der ich ausführlich darauf
sowie auf die Besonderheiten des Termsheets
[613]
bei Equity-Finanzierungen eingehe.
[615]
Und damit kommen wir zu Fünftens: Den Annexklauseln.
[621]
Hier nehmen Sie je nach Gusto die eben bereits
angesprochenen Klauseln Exklusivität, Break
[626]
Fee, Non-Compete und Non-Soliciation auf.
[630]
Ferner können Sie in diesem Teil 5 auch alles
das regeln, was Sie sonst so regeln möchten,
[634]
beispielsweise Informationspflichten, einen
generellen Dokumentationsvorbehalt und Haftungsausschlüsse.
[640]
Sechstens: Umfang der rechtlichen Bindungswirkung.
[645]
An dieser Stelle beschreiben Sie, welche Teile
der Absichtserklärung rechtlich bindend und
[651]
anspruchsbegründend sein sollen und welche
nicht.
[654]
Siebtens: Befristung.
[657]
Gerne stiefmütterlich behandelt, aber trotzdem
sehr wichtig: Sie sollten grundsätzlich alle
[663]
Ihre transaktionsvorbereitenden Dokumente
immer befristen.
[666]
Dabei haben Sie zwei Möglichkeiten: Erstens,
eine absolute Befristung, beispielsweise auf
[672]
2 Jahre nach Abschluss des Letter of Intent.
[675]
Das macht insbesondere Sinn bei Wettbewerbs-
und Abwerbeverboten.
[680]
Zweitens können Sie aber auch relativ befristen,
beispielsweise auf 6 Monate nach Abbruch der
[686]
Verhandlungen.
[687]
Das kann zum Beispiel für Vertraulichkeitsvereinbarungen
Sinn machen, damit Ihr Geschäft nicht über
[692]
Gebühr behindert wird, sobald die Gespräche
scheitern.
[695]
Und schließlich:
Achtens: Boilerplates, also alle üblichen
[700]
Standardklauseln wie anwendbares Recht, Gerichtsstand,
Formerfordernisse und Teilunwirksamkeitsregelung.
[706]
Was die Form angeht, wird üblicherweise eine
schriftliche Vertragsform gewählt, im internationalen
[713]
Rechtsverkehr auch gerne die Briefform, also
ein handgezeichneter Briefwechsel.
[718]
Enthält Ihr Letter of Intent vorvertragliche
Regelungen, die direkt oder indirekt auf den
[723]
Abschluss eines beurkundungspflichten Hauptgeschäfts
gerichtet sind, kann eine Pflicht zur notariellen
[728]
Beurkundung entstehen; andernfalls droht insoweit
Formunwirksamkeit.
[733]
Das sollten Sie speziell bei immobilien-,
gesellschafts- und umwandungsrechtlichen Geschäften
[738]
immer mitbedenken.
[739]
Absichtserklärungen und Term Sheets sind
also die sprichwörtlichen bunten Hunde der
[747]
Rechtspraxis: Sie tauchen nahezu überall
in der Geschäfts- und Transaktionswelt auf,
[752]
lassen sich aber erst nach sehr genauem Hinsehen
überhaupt juristisch einordnen.
[757]
Für Sie bedeutet das gleichzeitig eine hohe
Flexibilität: Sie können Ihren Letter of
[762]
Intent oder Ihr Term Sheet durch geschicktes
Wording in nahezu alles verwandeln, was Sie
[767]
möchten: Von einer offiziell wirkenden bloßen
Dokumentation des Verhandlungsstandes, über
[771]
eine Absichtserklärung mit Exklusivität
und Break Fee bis hin zur knallharten vorvertraglichen
[777]
Regelung ist vieles möglich.
[779]
Für Rückfragen hierzu erreichen Sie mich
wie immer unter meiner Kanzleianschrift, die
[783]
Sie in der Beschreibung zu diesem Video finden.
[786]
In der Zwischenzeit wünsche ich Ihnen alles
Gute, genießen Sie den Sommer und bis zum
[789]
nächsten Mal, hier bei Beyond Return.
[795]
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