Debt Equity Swap & Debt Asset Swap: Sanierung/Restrukturierung mit Private Equity in Krise/Insolvenz - YouTube

Channel: Beyond Return

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Wenn ein hoch verschuldetes Unternehmen tief in der Krise steckt und die finanzierenden
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Banken zusehends Vertrauen verlieren, kann ein Debt Equity Swap oder Debt Asset Swap
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unter Einbeziehung eines Private Equity Investors eine vielversprechende Lösung zur Rettung
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des Unternehmens sein.
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Die Idee dahinter ist simpel: Existierendes Fremdkapital wird unter Einstieg eines neuen
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Investors in Eigenkapital umgewandelt oder gleich das ganze Unternehmen übertragen.
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Was zunächst einmal betriebswirtschaftlich wenig spektakulär klingt, kann im Einzelfall
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juristisch betrachtet eine äußerst komplexe Veranstaltung werden.
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Wie solche Transaktionen funktionieren und welche Strukturvarianten wir Juristen in der
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aktuellen Marktpraxis anwenden, das zeige ich Ihnen in diesem Video.
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Let’s go beyond return!
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[Beyond Return Intro] Und damit herzlich Willkommen zu einer neuen
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Ausgabe von Beyond Return!
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Mein Name ist Fabian Arhelger, ich bin Rechtsanwalt in Frankfurt am Main, spezialisiert auf Unternehmens-
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und Finanzierungsrecht, und berichte hier auf Beyond Return regelmäßig über spannende
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Themen aus der Finanz- und Geschäftswelt.
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Wenn Sie also mit beiden Beinen im Wirtschaftsleben stehen, empfehle ich Ihnen, diesen Kanal zu
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abonnieren.
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Eine Wandelung von Fremd- in Eigenkapital, Englisch Debt-to-Equity Swap, oder einfach
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nur Debt Equity Swap, ist häufig eine der letzten Möglichkeiten, bei einem frontal
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auf die sprichwörtliche Betonwand zurasenden Unternehmen das Bremspedal voll durchzutreten.
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Typischerweise haben finanzierende Banken oder beispielsweise Mezzanine Kreditgeber
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bereits Lust und Muße für eine Restrukturierung verloren und sind deshalb bereit, ihre Forderungen
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gegen das Unternehmen an einen Kriseninvestor, häufig als Opportunity Fund bezeichnet, zu
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einem günstigen Kurs weiter zu veräußern.
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Der Kriseninvestor übernimmt dann die erworbenen Darlehensforderungen mit dem Ziel, sie in
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Anteilsscheine oder Vermögensgegenstände umzuwandeln.
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Englisch wird diese Taktik auch anschaulich als Loan-to-own bezeichnet.
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Der Anreiz für finanzierende Kreditgeber, an einem Debt Equity Swap teilzunehmen, ist
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erfahrungsgemäß dann am größten, wenn die Bankenseite (erstens) kein Vertrauen mehr
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hat, dass eine Sanierung zu vertretbarem Aufwand zu stemmen ist und (zweitens) die Verwertung
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der Kreditsicherheiten für die Bank ein größeres Verlustgeschäft wäre als gleich die ganzen
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Forderungen abzuverkaufen.
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Am Ende des Tages ist es also ein bloßes Rechenspiel.
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Der Banker überlegt sich, ob die Verwertung der für die Finanzierungslinien bestehenden
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Sicherheiten mehr einbringen würde als der Forderungsverkauf an einen hemdsärmeligen
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Krisensanierer.
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Dabei ist zu beachten, dass auch die Sicherheitenverwertung Zeit und damit Geld kostet und keinesfalls
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sichergestellt ist, dass in einer etwaigen Insolvenz attraktive Liquidationserlöse erzielt
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werden können.
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Veräußert die Bank demgegenüber ihre Position, kann sie vergleichsweise schnell und schmerzlos
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aus dem Kreditengagement herauskommen.
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Nun, das wiederum weiß natürlich auch der smarte Private Equity-Investor und nutzt selbstredend
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die unangenehme Situation der Bank, um ein Schnäppchen zu schlagen.
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Entsprechend sind hohe Abschläge auf den Forderungswert die absolute Regel.
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Hämisch könnte man also sagen, dass sich die Bankenseite gewissermaßen aus einem sauer
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geworden Deal freikauft.
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Hat der Kriseninvestor die Forderungen erworben, muss im nächsten Schritt eine Umwandlung
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in Eigenkapital, also in echte Gesellschaftsanteile am Unternehmen, stattfinden.
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Wie so oft, gibt es auch hierfür wieder verschiedene Möglichkeiten.
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Der Klassiker schlechthin ist zunächst einmal die Sachkapitalerhöhung.
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Der Investor bringt dabei seine erworbenen Forderungen als Sacheinlage gegen Bezug von
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Geschäftsanteilen in das Unternehmen ein.
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Hierzu ein vereinfachtes Beispiel: Aktuell ist das Stammkapital der in Schieflage geratenen
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GmbH 50.000 Euro.
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Der Investor erwirbt Darlehensforderungen gegen das Unternehmen, die aktuell mit 100.000
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Euro zu bewerten sind.
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Im nächsten Schritt wird eine Kapitalerhöhung um 100.000 Euro auf 150.000 Euro durchgeführt.
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Der Investor bringt hierfür seine Forderung als Sacheinlage ein und bezieht dafür die
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neuen Anteile.
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Dadurch, dass die Gesellschaft hier Forderungen gegen sich selbst erwirbt, erlöschen diese
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Forderungen im Wege einer sogenannten zivilrechtlichen Konfusion.
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Anschließend hält der Investor Kapitalinteresse an der Gesellschaft in Höhe von 100.000 Euro
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zu 150.000 Euro, also 66,67 Prozent der Anteile.
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Die Bestandsgesellschafter werden entsprechend auf 33,3 Prozent verwässert.
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In der Praxis ist diese Variante übrigens noch etwas komplizierter und wird regelmäßig
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mit einem Kapitalschnitt verbunden, um in der Gesellschaft hängende Verluste den Altgesellschaftern
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zuzuweisen, bevor der Neuinvestor eintritt.
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Auch haben Sie häufig das Problem der Bewertung der Sacheinlage: Wieviel ist eine Darlehensforderung
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eigentlich noch wert, wenn das Unternehmen kurz vor der Pleite steht?
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An dieser Stelle muss aus Sicht des Private Equity Investors sehr sehr genau gearbeitet
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werden, um eine etwaige Differenzhaftung zu vermeiden.
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Weiterhin stellt sich hier auch immer das Problem der Entstehung eines steuerlichen
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Sanierungsgewinns und eines etwaigen Verlusts von Verlustvorträgen.
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Oftmals werden deshalb zusätzlich Stellungsnahmen von Wirtschaftsprüfern und hochspezialisierten
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Steuerberatern zur Absicherung eingeholt.
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Aus Effizienzgründen können deren Erwägungen aber auch gleich Teil eines Sanierungsgutachtens
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sein.
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Alternativ zur Variante Sachkapitalerhöhung gibt es noch eine zweite Variante, die sogenannte
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Verzichtslösung.
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Dabei erwirbt der Investor einerseits die Forderungen und andererseits bereits existierende
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Gesellschaftsanteile von Altgesellschaftern und erklärt anschließend den Forderungsverzicht
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für die erworbenen Verbindlichkeiten.
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Dieser Weg kann häufig schneller umgesetzt werden als die Lösung Kapitalmaßnahme.
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Außerdem vermeidet der Investor in dieser Variante das Risiko einer Differenzhaftung
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für eine Überbewertung der erworbenen Darlehensforderungen.
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Die dritte Variante, der Debt Asset Swap, könnte man auch als Untervariante der Verzichtslösung
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ansehen.
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Hierbei tauscht der Investor die erworbenen Forderungen nicht gegen Anteile, sondern gegen
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Vermögensgüter des Unternehmens ein.
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Der Debt Asset Swap entspricht also aus M&A-Perspektive einem Asset Deal, die Verzichtslösung mit
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Anteilserwerb einem Share Deal.
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Die große Downside an Verzichtslösung und Debt Asset Swap ist jedoch das Risiko einer
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Ablehnung des Deals durch den Insolvenzverwalter; vor Closing nach § 103 Absatz (2) InsO, nach
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Closing mittels einer Insolvenzanfechtung.
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Im Gegensatz zur Variante Kapitalmaßnahme werden hier nämlich direkte Austauschgeschäfte
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mit insolvenzgefährdeten Parteien vorgenommen.
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Diese Risiken lassen allerdings mit ausgeklügelten Closing-Mechanismen und nicht zuletzt einer
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schnellstmöglichen Durchführung der Transaktion zumindest abschwächen.
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Neben Sachkapitalerhöhung, Verzichtslösung und Debt Asset Swap gibt es schließlich noch
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eine vierte und juristisch ziemlich spitzfindige Variante: Die könnte man fast als feindliche
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Übernahme bezeichnen; gemeint ist die Verwertung von Pfandrechten an Gesellschaftsanteilen.
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Die Idee dahinter ist wie folgt: Das Sicherheitenpaket für besicherte Kreditforderungen umfasst
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häufig sogenannte Share Pledges, also zu Deutsch: Anteilsverpfändungen.
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Danach haben die Bestandsgesellschafter des Unternehmens ihre Gesellschaftsanteile als
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Kreditsicherheit mit einem Pfandrecht zugunsten der Bankenseite belastet.
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Erwirbt nun der Investor die Zahlungsforderungen samt des Sicherheitenpakets, kann er anschließend
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das Share Pledge ziehen und so notfalls auch gegen den Willen der Altgesellschafter das
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Unternehmen an sich ziehen.
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Und genau hier liegt Hase im Pfeffer: Unsere ersten drei Varianten Sachkapitalerhöhung,
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Verzichtslösung und Debt Asset Swap erfordern denklogisch die Mitwirkung der Altgesellschafter.
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Ohne deren Zustimmung kann in der Regel weder eine Kapitalerhöhung noch ein Tausch erfolgen.
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Ganz anders bei der Verwertung von Pfandrechten: Hier kann der Investor ganz ohne Mitwirkung
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der Altgesellschafter eine mehr oder weniger feindliche Übernahme des Unternehmens in
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die Wege leiten, indem er eigentlich für die Banken bestellte Pfandrechte ausnutzt.
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Allerdings sind solche Pfandverwertungen in der Praxis mit einigen Hürden und Unwägbarkeiten
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verbunden, weswegen die Strategie "feindliche Übernahme" häufig zunächst einmal nur als
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bloßes Mittel zum Aufbau einer Drohkulisse genutzt wird.
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Der Investor droht dann gezielt mit diesem harten Weg, hofft aber insgeheim, die Altgesellschafter
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so zu einer einvernehmlichen und schlankeren Lösung bewegen zu können.
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Und zum Schluss noch eine Anmerkung: Wie ich bereits in meinem Video zu Distressed M&A
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erläutert hatte, kann es manchmal aus Investorensicht zielführend sein, das Unternehmen erst einmal
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in die Insolvenz gehen zu lassen und den Debt Equity Swap anschließend im Zuge eines Insolvenzplanverfahrens
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durchzuführen.
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Auf diese Art und Weise lassen sich dann diverse Vorteile des Insolvenzverfahrens geschickt
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ausnutzen; beispielsweise die Beendigung von für das Unternehmen nachteiligen Verträgen.
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Die Idee hinter Debt-Equity Swap und Debt-Asset Swap ist also im Ergebnis, dass ein Private
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Equity Investor einsteigt und mit seiner finanziellen Expertise die Restrukturierung des Unternehmens
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übernimmt.
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Idealerweise gewinnen dann am Ende alle: Die Banken, weil sie vergleichsweise schnell und
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günstig aus der Nummer rauskommen, die Bestandsgesellschafter und hoffentlich möglichst viele Angestellte,
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weil das Unternehmen gerettet werden kann, und natürlich der Investor, weil er nach
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gelungener Sanierung typischerweise eine stattliche Rendite einstreicht.
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Wenn Sie mehr zum Thema moderne Sanierung und Restrukturierung erfahren möchten, empfehle
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ich Ihnen gleich diesen Kanal zu abonnieren und sich speziell meine Serie "Krise&Chance"
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in einer ruhigen Minute einmal genauer anzusehen.
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In der Zwischenzeit wünsche ich Ihnen wie immer alles Gute und sage bis zum nächsten
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Mal, hier bei Beyond Return.
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[Beyond Return Outro]