Robert Waldinger: What makes a good life? Lessons from the longest study on happiness | TED - YouTube

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Übersetzung: Antje Neumann Lektorat: Angelika Lueckert Leon
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Was lässt uns im Leben
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gesund und glücklich sein?
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Müssten Sie jetzt in Ihre
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zukünftige Persönlichkeit investieren,
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worin würden Sie ihre Zeit und Energie einbringen?
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Kürzlich gab es eine Umfrage innerhalb der "Generation Y",
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in der man sie über ihre wichtigsten Lebensziele befragte,
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und über 80 % antworteten
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eines der wichtigsten Lebensziele wäre es, reich zu werden.
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Und 50 % aus dieser Gruppe von Jugendlichen sagten,
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dass ein weiteres wichtiges Lebensziel wäre,
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berühmt zu werden.
[50]
(Lachen)
[52]
Und ständig wird uns gesagt, sich in die Arbeit reinzuknien,
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sich mehr anzustrengen und mehr zu erreichen.
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Als ob dies die Dinge sind, die wir verfolgen müssen,
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um ein gutes Leben zu haben.
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Vorstellungen eines gesamten Leben,
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von getroffenen Entscheidungen und deren Ergebnissen,
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eben diese Vorstellungen, sind weitgehend unerreichbar.
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Das meiste, was wir über unser menschliches Leben wissen,
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wissen wir aus Befragungen über die Vergangenheit
[84]
und wir wissen, dass diese Rückschau, alles andere als präzise ist.
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Wir vergessen eine Menge, von dem, was wir erleben,
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und manchmal ist das Gedächtnis ziemlich kreativ.
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Aber was wäre, wenn wir komplette Menschenleben,
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beobachten könnten, wie sie sich über das ganze Leben entwickeln?
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Was, wenn es möglich wäre, Menschen beginnend in der Jugend
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bis ins hohe Alter studieren zu können?
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Um zu sehen, was uns wirklich glücklich und gesund macht?
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Wir haben das gemacht.
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Die Harvard-Studie der Entwicklung Erwachsener
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könnte die längste jemals durchgeführte Studie über das Leben Erwachsener sein.
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Über 75 Jahre haben wir das Leben von 724 Männern verfolgt.
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Jedes Jahr fragten wir nach ihrer Arbeit, dem Familienleben, ihrer Gesundheit
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und selbstverständlich ohne zu wissen, wie sich ihre Leben
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entwickeln würden.
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Solche Studien sind überaus selten.
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Beinahe alle lösen sich im ersten Jahrzehnt auf,
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weil zu viele Probanden aussteigen
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oder die Geldquellen der Studien versiegen,
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oder die Forscher abgelenkt werden,
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oder sie sterben und keiner bleibt am Ball.
[166]
Aber durch eine Kombination von Glück
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und die Ausdauer mehrerer Generationen von Forschern
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hat diese Studie überlebt.
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60 unserer ursprünglichen 724 Männer
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sind noch immer am Leben,
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nehmen noch immer an der Studie teil,
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die meisten über 90 Jahre alt.
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Und nun beginnen wir
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die über 2 000 Kinder dieser Männer zu beobachten.
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Ich bin der vierte Leiter dieser Studie.
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Seit 1938 haben wir das Leben zweier Gruppen von Männern verfolgt.
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Die erste Gruppe startete die Teilnahme
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als sie im zweiten Jahr ihres Harvard-Studiums waren.
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Sie alle beendeten das Studium während des zweiten Weltkrieges.
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Und die meisten leisteten anschließend Kriegsdienst.
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Die zweite Gruppe, der wir gefolgt sind,
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war eine Gruppe von Jungen aus den ärmsten Vierteln von Boston.
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Die für diese Studie ausgewählten Jungen
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wurden deswegen gewählt, weil sie aus den schwierigsten
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und benachteiligsten Familien kamen.
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Im Boston der 1930er Jahre.
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Die meisten lebten in Mietshäusern und viele von ihnen
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ohne fließendes warmes und kaltes Wasser,
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Als sie der Studie beitraten,
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wurden alle diese Jugendlichen interviewt.
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Sie wurden medizinsich untersucht.
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Wir besuchten sie zu Hause und interviewten ihre Eltern.
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Dann wuchsen diese Jugendlichen zu Erwachsenen heran
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und beschritten verschiedenste Lebenswege.
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Sie wurden zu Fabrikarbeitern, Anwälten, Maurern und Ärzten.
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Einer wurde Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika.
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Einige wurden zu Alkoholikern. Einige wenige wurden schizophren.
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Einige sind die soziale Leiter aufgestiegen,
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von ganz unten nach ganz oben.
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Und andere machten diese Reise in genau die andere Richtung.
[275]
Die Gründer dieser Studie
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hätten sich niemals vorstellen können,
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dass ich hier stehen würde, 75 Jahre später,
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um Ihnen zu sagen, dass die Studie noch immer läuft.
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Alle zwei Jahre melden sich unsere geduldigen und engagierten Forscher
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bei unseren Männern und fragen, ob wir ihnen,
[295]
einen weiteren Fragebogen über ihr Leben senden können.
[300]
Viele der Männer aus Boston fragen uns:
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"Warum erforscht ihr mich noch immer?
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Mein Leben ist doch gar nicht so interessant."
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Die Männer aus Harvard stellen diese Frage nie.
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(Lachen)
[320]
Um ein klares Bild dieser Leben zu bekommen,
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senden wir ihnen nicht nur Fragebögen.
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Wir interviewen sie in ihren Wohnzimmern.
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Wir bekommen die Krankenakten von ihren Ärzten.
[331]
Wir nehmen ihnen Blut ab und untersuchen ihr Gehirn.
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Wir sprechen mit ihren Kindern.
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Wir filmen sie, während sie mit ihren Frauen über ihre größten Sorgen reden.
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Uns als wir vor ca. 10 Jahren, endlich die Frauen fragten,
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ob sie der Studie aktiv beitreten wollen,
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sagten viele von ihnen: "Das wird aber auch höchste Zeit."
[350]
(Lachen)
[351]
Also, was haben wir gelernt?
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Welche Lehren haben wir aus diesen zehntausenden von Seiten
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voller Informationen
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über diese Leben generiert?
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Gut, diese Lehren sagen nichts
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über Reichtum oder Ruhm oder immer mehr zu arbeiten.
[370]
Die wichtigste Botschaft,
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die wir aus der 75-jährigen Studie erhalten, ist:
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Gute Beziehungen machen uns glücklicher und gesünder. Punkt.
[382]
Wir haben daraus drei wichtige Lehren über Beziehungen gezogen.
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Die erste ist, dass soziale Beziehungen wirklich gut für uns sind,
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und dass Einsamkeit tödlich ist.
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Es zeigt sich, dass Leute, die sozial verbunden sind,
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mit ihrer Familie, mit Freunden, mit der Gemeinschaft,
[399]
glücklicher und gesünder sind und leben länger
[404]
als Leute, die weniger gute Beziehungen haben.
[408]
Und die Erfahrung von Einsamkeit stellt sich als toxisch heraus.
[411]
Menschen, die einsamer sind, als sie es sein wollen,
[416]
finden, dass sie weniger glücklich sind,
[420]
ihre Gesundheit verschlechtert sich früher in ihrer Lebensmitte,
[423]
ihre Gehirnfunktion lässt eher nach
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und sie sterben früher als Menschen, die nicht einsam sind.
[429]
Und es ist traurige Tatsache, dass zu jeder Zeit
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mehr als einer von fünf Amerikanern sagen wird, dass er einsam ist.
[438]
Und wir wissen, dass man in der Menge und in der Ehe
[442]
einsam sein kann.
[444]
Die zweite Lehre, die wir daraus zogen,
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ist, dass es nicht nur auf die Anzahl der Freunde ankommt,
[449]
und nicht darauf, ob man in einer festen Beziehung ist oder nicht,
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sondern auf die Qualität der engen Beziehungen.
[458]
Ständig im Konflikt zu leben, ist wirklich schlecht für unsere Gesundheit.
[463]
Konfliktreiche Ehen etwa, ohne viel Liebe,
[465]
erwiesen sich als vielleicht schlecht für die Gesundheit als eine Scheidung.
[472]
In guten, aufrichtigen Beziehungen zu leben, ist förderlich.
[477]
Als wir den Weg unserer Männer verfolgten, bis sie über 80 waren,
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wollten wir auf ihre Lebensmitte zurückschauen,
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um zu sehen, ob wir vorhersagen können,
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wer zu einem glücklichen, gesunden 80-Jährigen werden wird
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und wer nicht.
[491]
Als wir alles ausgewertet hatten, was wir über sie
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im Alter von 50 wussten,
[497]
war es nicht ihr Cholesterinspiegel,
[500]
der vorhersagt, wie sie alt werden,
[503]
sondern wie zufrieden sie in ihren Beziehungen waren.
[506]
Die Menschen, die mit 50 am zufriedensten in ihren Beziehungen waren,
[511]
waren die gesündesten im Alter von 80.
[515]
Und gute, enge Beziehungen scheinen uns,
[518]
vor einigen Fallstricken des Alterns zu bewahren.
[522]
Unsere Männer und Frauen in den glücklichsten Partnerschaften berichteten,
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in ihren 80ern,
[528]
dass sie an den Tagen, an denen sie körperliche Schmerzen hatten,
[531]
trotzdem genauso glücklich waren.
[534]
Aber bei denjenigen, die zu der Zeit in unglücklichen Beziehungen lebten,
[538]
wurden die körperlichen Schmerzen
[540]
durch noch mehr emotionales Leid verschlimmert.
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Die dritte wichtige Lehre über Beziehungen und unsere Gesundheit ist,
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dass gute Beziehungen nicht nur unseren Körper schützen,
[551]
sie schützen auch unser Gehirn.
[554]
Es zeigte sich, dass in einer festen Beziehung zu leben,
[558]
wenn man über 80 ist, förderlich ist
[562]
und dass bei Menschen, die in Beziehungen leben,
[565]
in den sie sich in Zeiten der Not auf den anderen verlassen können,
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das Gedächtnis länger klar bleibt.
[572]
Und Menschen, die in Beziehungen leben,
[575]
und fühlen, dass sie nicht wirklich auf den anderen zählen können,
[578]
sind diejenigen, die früher einen Gedächtnisabbau erfahren.
[581]
Die guten Beziehungen müssen nicht die ganze Zeit reibungslos verlaufen.
[586]
Einige unserer Paare über 80
[588]
konnten tagtäglich aneinandergeraten,
[591]
aber solange sie das Gefühl hatten, auf den anderen zählen zu können,
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wenn die Zeiten schwer waren,
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belasteten diese Auseinandersetzungen nicht ihre Erinnerungen.
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Also, die Aussage,
[604]
dass gute, enge Beziehungen gut sind, für unsere Gesundheit und Wohlbefinden,
[609]
ist eine uralte Weisheit.
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Warum ist das so schwer zu verstehen und so leicht zu ignorieren?
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Nun, wir sind nur Menschen.
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Was wir wirklich wollen, ist eine schnelle Lösung,
[621]
etwas, das wir bekommen können,
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dass unser Leben gut werden und bleiben lässt.
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Beziehungen sind chaotisch und kompliziert.
[630]
Die Beziehung zu Freunden und zur Familie zu pflegen,
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ist nicht sexy und glamourös,
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und das lebenslang. Es hört nie auf.
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Die Menschen unserer 75-jährigen Studie, die die glücklichsten Rentner waren,
[645]
waren die Menschen, die Arbeitskollegen aktiv durch neue Freunde ersetzt haben.
[651]
Genau wie die Y-Generation der neuesten Umfrage,
[654]
glaubten viele unserer Männer als sie junge Erwachsene waren,
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tatsächlich, dass sie Ruhm, Reichtum und hervorragende Leistungen
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anstreben müssten, um ein gutes Leben zu haben.
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Aber über diese 75 Jahre zeigte unsere Studie immer wieder,
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dass es den Menschen am besten ging, die in Beziehungen, in die Familie,
[675]
in Freunde, in die Gemeinschaft investierten.
[681]
Und was ist mit Ihnen?
[682]
Sagen wir Sie sind 25 oder 40 oder 60.
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Wie könnte es aussehen, sich in Beziehungen reinzuhängen?
[691]
Die Möglichkeiten sind praktisch endlos.
[695]
Man könnte etwa die Zeit vorm Fernseher durch Zeit mit Freunden ersetzen,
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oder Beziehungen wieder aufleben lassen, in dem man etwas Neues zusammen macht,
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lange Spaziergänge oder abends ausgehen,
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oder sich Familienmitgliedern zuwenden, mit denen man lange nicht gesprochen hat,
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weil diese allzu üblichen Familienfehden
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von den Menschen einen großen Tribut fordern,
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die einen Groll gegen andere hegen.
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Ich möchte mit einem Zitat von Mark Twain schließen.
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Vor mehr als einem Jahrhundert
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blickte er auf sein Leben zurück
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und schrieb folgendes:
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"Wir haben keine Zeit, das Leben ist zu kurz
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für Streitigkeiten, Entschuldigungen, Sodbrennen und Abrechnungen.
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Da ist nur Zeit für die Liebe,
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und für einen Augenblick, sozusagen, nur dafür."
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Ein gutes Leben besteht aus guten Beziehungen.
[759]
Danke.
[760]
(Applause)